Gespaltene Gewinnausschüttung – Gestaltungsmöglichkeit für Kapitalgesellschaften

Stand:
Thematik: Steuern & Recht

Im Regelfall erfolgen Ausschüttungen aus einer GmbH oder anderen Kapitalgesellschaften an sämtliche Gesellschafter im Verhältnis ihrer Gesellschaftsbeteiligungen. Das GmbHGesetz lässt jedoch auch von der Beteiligungsquote abweichende Ausschüttungsbeträge an einzelne Gesellschafter zu. So können zum einen inkongruente Gewinnausschüttungen vorgenommen werden, bei denen Gesellschafter vom ausgeschütteten Gesamtbetrag mehr oder weniger erhalten, als ihnen nach ihrer Beteiligungsquote zustehen würde. Es sind zum anderen aber auch sogenannte gespaltene Gewinnausschüttungen zulässig, bei denen Gesellschafter die ihnen zustehenden Gewinnanteile nicht ausgezahlt, sondern auf personifizierten Rücklagenkonten der Gesellschaft gutgeschrieben bekommen.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich in einem Urteil aus September 2021 erstmalig mit der steuerrechtlichen Anerkennung einer gespaltenen Gewinnverwendung auseinandergesetzt. Die Richter kommen zu dem Ergebnis, dass auch diese Art der Aufteilung einer Gewinnausschüttung steuerrechtlich anzuerkennen ist. In dem Urteilsfall sahen die Satzungsbestimmungen der Kapitalgesellschaft vor, dass der auszuschüttende Gewinn nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile auf die Gesellschafter zu verteilen war. Die Gesellschafterversammlung konnte jedoch mit einfacher Mehrheit eine abweichende Gewinnausschüttung beschließen und den Gewinnanspruch eines einzelnen Gesellschafters nicht ausschütten, sondern diesen auf einem personenbezogenen Rücklagenkonto gutschreiben. Der betroffene Gesellschafter musste dieser Regelung zustimmen. Die auf dem personenbezogenen Rücklagenkonto befindlichen Gewinne konnten so zu einem späteren Zeitpunkt nur an den Gesellschafter ausgeschüttet werden, für den das personenbezogene Rücklagenkonto geführt wurde. Durch die gespaltene Gewinnverwendung konnte die Innenfinanzierung der Gesellschaft bis zur Auszahlung an den Gesellschafter gestärkt werden.

Nach dem Urteilsspruch des BFH müssen für eine steuerliche Anerkennung einer gespaltenen Ausschüttung folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

a) Eine gespaltene Gewinnverwendung muss in der Satzung verankert sein.

b) Es bedarf eines gesonderten Gesellschafterbeschlusses, dass nur an einen oder mehrere bestimmte/n Gesellschafter eine Gewinnausschüttung erfolgt, während andere Gewinnanteile personifizierten Rücklagenkonten gutgeschrieben werden.

c) Darüber hinaus ist für eine spätere Ausschüttung erneut ein Beschluss der Gesellschafterversammlung notwendig.

Die Umsetzung dieser vom BFH benannten formalen Voraussetzungen dürfte in der Praxis im Regelfall relativ einfach sein. Die Finanzverwaltung muss bei Einhaltung der vom BFH aufgestellten Voraussetzungen einer solchen gespaltenen Gewinnverwendung zustimmen. Ein steuerlicher Gestaltungsmissbrauch ist nämlich gerade nicht anzunehmen, weil die gewünschte Innenfinanzierung auf Gesellschaftsebene ein beachtlicher wirtschaftlicher Grund für eine gespaltene Gewinnausschüttung ist. Wenn es später zu einer Ausschüttung aus der gesellschafterbezogenen Gewinnrücklage kommt, wird diese entsprechend vermindert, und erst zu diesem Zeitpunkt liegt beim betroffenen Gesellschafter ein Zufluss der Gewinnausschüttung vor. Im Ergebnis bestätigt der BFH mit seinem Urteil die steuerliche Anerkennung einer interessanten Form der Innenfinanzierung zur Liquiditätssicherung auf Gesellschaftsebene.

 

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